Fritz Litten

Der Vater von Hans Litten wurde am 22. Februar 1873 in Elbing geboren.

Er stammt aus einer bekannten Elbinger Bankiers- und Kaufmannsfamilie.

Sein Vater Joseph war außerdem ein angesehenes Mitglied der jüdischen Gemeinde in Königsberg, deren Repräsentantenversammlung er ab 1899 bis zu seinem Tode 1906 vorstand.

Er gehört zu jener Generation deutscher Juden, die es „geschafft“ hatten , wozu auch gehörte, dass sein Sohn Fritz nun eine akademische Laufbahn einschlagen konnte.

Um aber auf der sicheren Seite zu stehen, ließ sich Fritz im Juli 1895 kurz vor seiner Promotion in Halle christlich taufen - weit weg von zuhause. Dort leistete er auch freiwillig seinen Wehrdienst und einen Teil seiner Referendarszeit ab.

Auf einer Studentenfeier in Halle lernte er seine zukünftige Frau, Irmgard Wüst, kennen. Kurz nach dem Assessorenexamen wurde geheiratet und ein neuer Hausstand gegründet. Bald schon waren zwei Buben da. Hans, der Erstgeborene und zwei Jahre später Heinz.

1906 wurde Fritz Litten als Spezialist für Römisches Recht zum außerordentlichen Professor an der Universität in Halle ernannt. Bereits zwei Jahre später erfolgte der lang ersehnte Ruf - ausgerechnet in die Stadt, in der er ab seinem 12. Lebensjahr gelebt hatte und in der noch immer seine Mutter lebte - nach Königsberg. Dort bezog man eine standesgemäße Wohnung im gut bürgerlichen Villenvorort „auf den Hufen“.

Dort erblickte auch sein jüngster Sohn Rainer das Licht der Welt.

 

Fritz Litten hatte im ersten Weltkrieg als Hauptmann an der Front gekämpft, aber auch im Kriegsgerichtswesen gearbeitet und spätestens seit dieser Zeit verkehrte man in einer Gesellschaft, die der Deutsch Nationalen Königsberger Fraktion angehörte.

Er war inzwischen Dekan, wurde später auch Rektor der Universität, schrieb regelmäßig für die konservative Königsberger Allgemeine und war Berater der Preußischen Regierung.

Der erste Weltkrieg blieb für die Familie nicht folgenlos. Hans entfernte sich mehr und mehr von seinem Vater und es kam zunehmend zu Spannungen zwischen den beiden, auch was ihre politischen Ansichten betraf. So erstaunt es nicht, dass Hans seinen Vater für seine „Karrieretaufe“ verachtete und provokativ am Shabbes in die Synagoge ging. Das erzwungene und ungeliebte Jurastudium, das er seinem Erstgeborenen abverlangte, bekräftigte das Zerwürfnis nur.  Als Hans dann zu einem prominenten Anwalt der „Kleinen Leute“ (der Arbeiter, Sozialisten und Kommunisten) in Berlin wurde hatte das  zunehmend Folgen für Fritz Litten.

Im Februar 1931 kam es im Hause Litten zu einer Hausdurchsuchung. Der Vorwurf lautete auf Steuerhinterziehung. Eine willkommene Chance lokaler Gegner den „Juden“ Litten anonym beim Disziplinarhof anzuschwärzen und seine Entlassung bei der juristischen Fakultät in der Albertina einzufordern. Ein diffamierender Artikel in der Ostpreußischen Rundschau tat sein Übriges: „Professor Litten ist weit über Ostpreußens Grenzen hinaus als Rechtslehrer bekannt. Er ist einer der prominentesten Juristen Deutschlands...Was dem Fall einen bekannten Beigeschmack gibt: Professor Litten gilt als ein Mann mit extrem nationaler Gesinnung, konservativ in seinen politischen und wissenschaftlichen Anschauungen, der regen Verkehr unterhielt mit dem Ostpreußischen Adel und Angehörigen der Finanzaristokratie....Ach, es gibt außer ihm noch viele Patrioten in Deutschland, die – wenn sie das Sprüchlein vom Gut und Blut für’s Vaterland hersagen - immer nur das Gut und Blut der anderen meinen.“

Daraufhin ließ Fritz Litten sich zunächst  beurlauben. Das Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 erledigte dann das "Problem" und er wurde endgültig von der Universität verwiesen.

Er machte Hans verständlicherweise für die Zerstörung seines Lebenswerkes verantwortlich, was dieser in einem der letzten großen Streits in einem Brief vehement bestritt:

„Dass Du Jude bist, war in Königsberg offenes Geheimnis.“ Verbittert und sehr einsam ließ Fritz Litten sich dann von Irmgard zur Emigration nach England überreden, wo er unterstützt vom „Comitee for non –aryan christians der Church of England" als Gast im Thompson Memorial Home bei Belfast in Nordirland Unterschlupf gefunden hat.

Im Februar 1940 erlag er dort einer heftigen Grippe. 


Fritz Litten
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